Zwei lange Akte, in denen ungefähr das gleiche, dafür recht wenig passiert. So ließe sich das Theaterstück von Samuel Beckett beschreiben, das Thomas Hardow im Haus am Bahndamm in Frechen inszeniert hat. Schlimmer noch: Was da auf der Bühne passiert, entbehrt jeder Nachvollziehbarkeit. Geboten werden sinnfreie Dialoge und keine Geschichte. Außer der, dass da zwei verwahrloste Typen, nämlich Estragon (Bodo Lacroix) und Wladimir (Michael Krause) auf jemanden namens Godot warten. Ohne, dass sie zu wissen scheinen, warum, und wer Godot überhaupt ist. Irgendwann kommt tatsächlich jemand vorbei: Ein Landbesitzer namens Pozzo (Thomas Herold), der seinen Diener Lucky (Martin Sobetzko) am Strick vor sich hertreibt und ihn behandelt wie ein Tier. Und ein Junge taucht auf (abwechselnd Luc Lacroix und Fabian Krause, die Söhne der Hauptdarsteller), und kündigt an, das Godot nicht heute aber wohl morgen kommen werde. Hä?
Absurdes Theater, das schon Generationen von Schülern quälte
Genau. „Warten auf Godot“ ist ein typisches Beispiel für das Theater des Absurden der 1950er Jahren und – zum Leidwesen vieler Schüler – häufig Unterrichtstoff an deutschen Gymnasien. Ganz schön mutig, so ein – sagen wir wohlwollend „anspruchsvolles“ Stück an einem Amateurtheater zu inszenieren. Wie aus gut informierten Kreisen zu erfahren war, soll Thomas Hardow sich an „Warten auf Godot“ gewagt haben, weil die Sanierung der Rosmarstraße anstehe, also der Zubringerstraße zum Haus am Bahndamm, und deshalb eh keiner zu den Vorstellungen der Herbstproduktion gelangen könne. Nein, Spaß. Es wäre auch zu schade, sich die Inszenierung entgehen zu lassen. Sie ist nämlich ganz und gar großartig!
Und zwar, weil die Schauspieler, allen voran Bodo Lacroix und Michael Krause, eine Meisterleistung hinlegen. In Thomas Hardows Inszenierung spielen sie „Stan Laurel & Olli Hardy“ – oder „Dick und Doof“, wie wir als Kinder sagten. Schon rein äußerlich passen die beiden gut in diese Rollen und wurden auch noch mit den passenden Anzügen und Melonen ausgestattet.
Doch vor allem die darstellerische Leistung der beiden, zwischen Tragödie und Slapstick, ist hinreißend! Die beiden Clowns sind ebenso überzeugend himmelhoch jauchzend wie zu Tode betrübt. Sie glucksen, motzen, jammern, resignieren, regen sich auf, echauffieren sich, sind beleidigt, machen sich lustig, flaxen, lästern, kümmern sich, piesacken, quälen sich und andere, wundern und langweilen sich, triumphieren, verzweifeln, albern, schätzen ab und pathetisch fest, umschmeicheln und zanken sich zum Küssen gut.
Als wäre das nicht schon genug der schauspielerischen Glanzleistungen, gibt Martin Sobetzko das entmenschlichte Individuum Lucky so überzeugend, dass es weh tut. Man fragt sich, was im Kopf des Amateurschauspielers vorgeht, dass er so unerträglich gequält wirken kann, ohne einen einzigen Mucks von sich zu geben. Und Thomas Herold muss man schon allein deswegen bewundern, weil er sich irgendwann auf eine Übung einlassen muss, die vom ihm absolutes Vertrauen in seine Mitspieler abverlangt …
„Wie die Zeit vergeht, wenn man sich amüsiert“, sinniert Estragon einmal. Und trifft den Nagel auf den Kopf: Zweieinhalb Stunden absurdes Theater vergehen dank der Leistungen der Mimen fast wie im Fluge.
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